Inflation oder Deflation, steigende Preise oder fallende Preise? Derzeit sind an den Börsen zwei Lager zu beobachten. Das erste Lager erwartet eine Deflation. Begründet wird dies damit, dass die reale Ökonomie schwach und die Wirtschaft nur aufgrund der vielen Stimulus Pakete funktioniert. Mit Auslaufen der Konjunkturpakete wird daher erwartet, dass die Verbraucherpreise zurückkommen.
Das Lager derjenigen die Inflation erwarten, begründen dies auf der anderen Seite vor allem mit der steigenden Geldmenge in den USA. In der Historie gab es einen mehr oder weniger engen Zusammenhang zwischen Geldmengenwachstum (schwarze Linie) und Inflation (rote Linie):
In der Grafik ist zu erkennen, dass das Geldmengenwachstum M2 (die Geldmenge M2 umfasst Bargeld, Sicht- und Spareinlagen) im vergangenen Jahr knapp 25% beträgt und damit die höchste Rate in den letzten 150 Jahren aufweist. Darüber hinaus ist zu sehen, dass die Korrelation zwischen der M2 Geldmenge und der US-Inflation bis kurz zu Beginn der 1990’er stark war. Seitdem scheint der Zusammenhang schwächer zu sein. Dies ist vor allem der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes geschuldet. Dies bedeutet vereinfacht gesagt: Wie oft wechselt das Geld innerhalb eines Jahres den Besitzer, wie oft wird die Geldmenge umgeschlagen? Laut der Quantitätstheorie des Geldes, ein verbreitete volkswirtschaftliche Theorie, sind genau diese beiden Faktoren maßgeblich für Inflation verantwortlich: die Geldmenge und die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes.
Die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in den USA (blaue Linie) hat sich in den letzten 150 Jahren wie folgt entwickelt:
Es ist zu erkennen, dass seit Mitte der 90er Jahre die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zurückgegangen ist. Insbesondere im Rahmen der Corona-Krise hat sie sich ein weiteres Mal deutlich reduziert. Dies verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass die Konsumenten aufgrund der Lockdowns weniger Möglichkeiten hatten, ihr Geld auszugeben . Auch ist zu erkennen, dass die Umlaufgeschwindigkeit auf einem historisch niedrigen Niveau ist. Mit den Aufhebungen der Lockdowns wird die Umlaufgeschwindigkeit aber wahrscheinlich wieder zunehmen.
Wenn es um das Thema Geld geht, darf man nicht vergessen, einen Blick auf die Notenbank zu werfen, die das Monopol für das „Drucken von Geld“ besitzt. In der Pressekonferenz vom 17. März 2021 hat FED-Notenbankpräsident Powell unmissverständlich klar gemacht, dass das Ziel der Notenbank eine Inflation von über 2% ist: “That’s what we’d really like to do, is to get inflation moderately above 2 percent. I don’t want to be too specific about what that means, because I think it’s hard to do that.”
Lassen Sie uns an dieser Stelle noch einen Blick in die reale Ökonomie wagen und schauen, welche Pläne in Bezug auf das Preisniveau die kleinen Unternehmen in den USA haben:
Die dunkelgrüne Linie stellt die monatliche Veränderung der Konsumentenpreise (Inflation) in den USA dar. Die blaue Linie zeigt, wie kleine Unternehmen laut Umfrage des National Federation of Independent Business unter 800 Firmen ihre Preise in den nächsten 3 Monaten anpassen wollen. Die Inflationsrate ist aktuell bei 1,7%. Wie die Grafik zeigt, planen die kleinen Unternehmen jedoch, ihre Preise in den nächsten Monaten deutlich anzuziehen.
Es gibt also gewichtige Argumente, die momentan mehr für eine kommende Inflation als für eine Deflation sprechen. Die Argumente sind das Geldmengenwachstum, die Pläne der Notenbank und die erwartete Preispolitik, die die Unternehmensumfrage zeigt. Auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, die auf historisch niedrigem Niveau liegt, birgt bei einer Normalisierung Inflationspotenzial.
Neben diesen augenfälligen Aspekten gibt es noch wesentlich mehr Indikatoren und Zusammenhänge, die es für eine tiefgreifende Analyse zu beleuchten gilt, um ein detaillierteres Bild über die zukünftige Preisentwicklung zu erhalten. Wir haben hier bspw. die Situation in den USA gezeigt. Dieselben Rahmenbedingungen herrschen auch im Euroraum, wenn auch in abgeschwächter Form. Sprechen Sie uns gerne für einen Austausch an.
Was heißt das nun für das Asset Management? Eine quantitative Methode, wie Sie sich gegen steigende Zinsen in Zeiten von Inflation absichern können, haben wir Ihnen in diesem Artikel gezeigt. Es gibt aber auch Chancen, die in einem Inflationsumfeld genutzt werden können. Wir werden Ihnen in nächster Zeit aufzeigen, wie man sich als Portfoliomanager in einem Inflationsumfeld aufstellen kann. Als Binsenweisheit gilt jedoch immer: Die Situation an den Märkten kann sich jederzeit ändern, so dass es unerlässlich ist, die Entwicklungen regelmäßig neu zu bewerten.
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