Die allermeisten deutschen Banken haben ihre Zahlen für das abgelaufene Jahr 2023 veröffentlicht. Wir haben uns die Geschäftsberichte angeschaut und die Top 15 der größten Banken Deutschlands auf Basis der Bilanzsummen für das Jahr 2023 erstellt. Hier sind sie:
Hinweis: Nicht berücksichtigt haben wir - wie auch per Ende 2022 - in unserer Aufstellung die Goldman Sachs Europe SE. Diese hat zwar per Ende 2023 eine Bilanzsumme von 291 Mrd. EUR gemäß IFRS. Die hohe Bilanzsumme ist jedoch ganz maßgeblich auf bilanzielle Effekte der IFRS-Bilanzierung im Handelsgeschäft und nicht auf klassisches Bankgeschäft zurückzuführen. Das Handelsgeschäft umfasst - auf der Aktivseite - in der Bilanz 238 Mrd. EUR (davon etwa 197 Mrd. aus Zinsderivaten), was knapp 82% der gesamten Bilanzsumme ausmacht. Zum Vergleich: Auf Grundlage der deutschen HGB-Bilanzierung beträgt die Bilanzsumme lediglich 85 Mrd. EUR. Vor diesem Hintergrund haben wir Goldman Sachs nicht in unserer Top 15-Übersicht berücksichtigt.
In den Top 15 haben sich zwar wenige, dafür aber durchaus erwähnenswerte, Veränderungen gegenüber 2022 ergeben:
So gibt es mit der L-Bank (die Förderbank Baden-Württtembergs) einen Neueinsteiger in den Top 15. Im Gegenzug ist die Deka aus der Rangliste gefallen, deren Bilanzsumme um knapp 13% auf 84,8 Mrd. EUR gefallen ist. Ursächlich für den deutlichen Rückgang auf der Aktivsivseite sind im wesentlichen geringere kurzfristige (durch Wertpapiere) besicherte Geldanlagen sowie eine um knapp 5,5 Mrd. EUR reduzierte Geldanlage bei der Deutschen Bundesbank. Auf der Passivseite (die Herkunft der Finanzmittel) haben sich kurzfristige, besicherte sowie unbesicherte, Geldaufnahmen reduziert. Zudem verringerten sich die Marktwerte von derivativen Geschäften um 4,4 Mrd. EUR. Zusammengefasst hat sich bei der Deka somit nicht das originäre Kundengeschäft deutlich reduziert, sondern vor allem Aktivitäten am Geldmarkt.
Ebenfalls deutlich reduziert hat die Bilanzsumme der HypoVereinsbank um etwa 11%, auf nunmehr 283 Mrd. EUR. Etwa die Hälfte des Rückgangs ist auf die Rückzahlung des sogenannten Langfristtenders (Erläuterung siehe unten) bei der Europäischen Zentralbank (14,9 Mrd. EUR) zurückzuführen. In gleichem Umfang hat sich auf der Aktivseite die Geldanlage bei der Deutschen Bundesbank reduziert. Der übrige Rückgang rührt insbesondere aus der Reduktion von - sowohl positiven (Aktivseite der Bilanz) als auch negativen (Passivseite der Bilanz) - Marktwerten bei derivativen Finanzinstrumenten sowie aus einem geringeren Volumen an Anlagen im Geldmarkt. Weiterhin wurden laut Geschäftsbericht einzelne größere Einlagen im Bereich Corporates abgezogen, die aber durch erhöhte Kundeneinlagen teilkompensiert wurden.
Um über 8% angewachsen hingegen ist die Bilanzsumme der Commerzbank. Hierzu hat insbesondere ein Anstieg von Einlagen von Privat- und Firmenkunden, die sich um knapp 24 Mrd. EUR erhöht haben. In kleinerem Umfang stiegen Geldaufnahmen am Geldmarkt. Gegenläufig wirkte eine Rückzahlung des sogenannten Langfristtenders in Höhe von 5,4 Mrd. EUR an die Europäischen Zentralbank. Angelegt wurden die genannten Geldzuflüsse vor allem kurzfristig bei der Deutschen Bundesbank sowie (laut Geschäftsbericht vor allem besichert) bei anderen Banken.
Den mit 11% prozentual höchsten Anstieg des Geschäftsvolumens in unserer Top 15-Liste verzeichnet die Deutsche Kreditbank (DKB) auf 135 Mrd. EUR. Maßgeblich dafür war ein Zufluss an Kundeneinlagen (also Tages- und Termingelder) im Umfang von 17 Mrd. EUR, der durch die komplette Rückzahlung des sogenannten Langfristtenders bei der Europäischen Zentralbank (8,5 Mrd. EUR) kompensiert wurde. Angelegt wurden die eingeworbenen Einlagen bei der Deutschen Bundesbank sowie als Kredite an Kunden, insbesondere an Geschäftskunden (4 Mrd. EUR), ausgereicht.
Stichwort Langfristtender
Der sogenannte Langfristtender (Targeted Longer-Term Refinancing Operations, TLTRO), ist ein geldpolitisches Instrument der Europäischen Zentralbank (EZB). Es handelt sich also um einen Kredit, den die EZB an Banken vergibt. Die geldpolitische Maßnahme zielt darauf ab, die Kreditvergabe von Banken, insbesondere an kleine und mittlere Unternehmen, zu fördern. Durch TLTROs können Banken langfristige Kredite zu attraktiven Konditionen von der EZB erhalten, um ihre Liquidität zu erhöhen und damit indirekt die Wirtschaft zu stärken. Über mehrere Jahre hinweg war die Ausgestaltung der TLTROs für Banken sehr attraktiv. Banken konnten bei Erreichen bestimmter Ziele beim Kreditvolumen Erträge erwirtschaften, indem sie sich über den TLTRO Geld von der EZB geliehen und dieses in Staatsanleihen investiert oder bei der EZB angelegt haben. Also eine sehr risikoarme Variante, um Gewinne zu steigern. In Folge der Leitzinsanhebungen hat die EZB die Konditionen des TLTROs so angepasst, dass diese nicht mehr so attraktiv für Banken sein. Der Anreiz für die Nutzung des TLTRO hat sich somit erheblich verringert, sodass viele Banken sich in 2023 dazu entschieden haben, die TLTRO-Kredite in großen Teilen oder auch vollständig zurückzuzahlen.
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