Mit dem als Basel IV (oder je nach persönlichem Geschmack auch Basel 4) bezeichneten Regulierungspaket steht die als direkte Antwort auf die Finanzkrise 2007/2008 initiierte Basel III-Regulierung kurz vor der vollständigen Umsetzung. Doch was genau wird mit Basel IV eigentlich umgesetzt, wie geht Europa damit um und was sind die letzten Teile, die für die Basel III-Vollendung fehlten?
Was ist Basel IV?
Unter der Bezeichnung Basel IV werden Anpassungen in der Bankenregulatorik zusammengefasst, die sich aus dem Basel III-Rahmenwerk ableiten. Dieses setzt die Erkenntnisse der Bankenaufseher aus der Finanzkrise der Jahre 2007/2008 um und zielt darauf ab, die Widerstandsfähigkeit der Banken weltweit zu stärken und das Bankensystem insgesamt sicherer zu machen. Es umfasst insbesondere weitreichende Änderungen (gegenüber dem vorherigen Basel II-Regime) der Eigenkapitalanforderungen und zusätzliche Anforderungen an die Liquidität von Banken. Zahlreiche Vorgaben sind bereits weltweit umgesetzt worden. Bei den als Basel IV bezeichneten Anpassungen handelt es sich um ein Reformpaket, das der Baseler Ausschuss (wer mehr über dieses Gremium wissen möchte, kann unseren Artikel hierzu lesen) im Dezember 2017 unter dem Namen „Basel III: Finalising post-crisis reforms“ verabschiedet hat.
Wesentliche Inhalte von Basel IV
Zu den Kernpunkten von Basel IV gehören vor allem Anpassungen bei der Ermittlung der sogenannten Risikogewichteten Aktiva (RWA). Diese bilden die Grundlage für die Berechnung von Eigenkapitalquoten (-> wieviel Eigenkapital müssen Banken haben, um ihre Risiken abzusichern). Vereinfacht gesagt wird jedes Geschäft, das eine Bank abgeschlossen hat, auf den Risikogehalt hin bewertet. Je risikoreicher ein Geschäft ist (bewertet auf Grundlage aufsichtsrechtlicher Vorgaben), umso höher sind die RWA und umso mehr Eigenkapital muss eine Bank haben. Daneben werden noch weitere Risiken der Bank über die RWA quantifiziert (beispielsweise operationelle Risiken). Dabei haben Banken in einem gewissen Umfang die Möglichkeit, eigene Modelle, die durch die Bankenaufsicht geprüft und abgenommen werden müssen, für die Ermittlung der RWA einzusetzen. Genau hier, bei der Ermittlung der RWA, setzen viele Basel IV-Änderungen an:
Die wesentlichen Inhalte von Basel IV sind:
Umsetzung in Europa und Zeitplan
Die Umsetzung von Basel IV in europäisches Recht erfolgt mit der sogenannten CRR III (Capital Requirements Regulation) und der CRD VI (Capital Requirements Directive). Dies ist nötig, da die Vorgaben des Baseler Ausschusses keine rechtliche Bindung haben, sondern lediglich Empfehlungen darstellen, auch wenn sie faktisch durch die am Baseler Ausschuss beteiligten Staaten übernommen werden. Daher bedarf es einer eigenständigen Überführung in europäisches bzw., in den anderen Ländern der Welt, in nationales Recht. Die CRR III hat dabei als Regulierung für alle EU-Staaten bindenden Charakter und gelten automatisch, ohne dass sie in nationales Recht überführt werden müssen. Die Regelgungen der CRD VI müssen, da es sich um eine Direktive handelt, in Europa in nationales Recht überführt werden.
Die allermeisten Anforderungen aus dem Basel IV-Paket werden bereits zum 1. Januar 2025 wirksam, bei einigen gelten Übergangsfristen, um den Banken die Anpassung zu ermöglichen. Bei den Übergangsfristen ist insbesondere der Output Floor zu nennen, der erst ab dem Jahr 2030 vollständig wirksam wird (bei einzelnen Sonderregelegungen auch Fristen bis 2033). Zudem erfolgt die Einführung der Vorgaben für den "Fundamental Review of the Trading Book" (FRTB) in Europa erst ab dem 1. Januar 2026.
Auswirkungen auf europäische und deutsche Banken
Für die europäischen Banken bedeutet dies, dass sie sich auf höhere Kapitalanforderungen einstellen müssen. Die aktuellste Auswertung des europäischen Regulators, der EBA, kommt zum Ergebnis, dass zwar lediglich 0,6 Mrd. EUR an zusätzlichem Eigenkapital nötig sind, um die Mindestanforderungen unter Basel IV zu erfüllen. Diese Zahl berücksichtigt aber nur das zusätzliche Eigenkapital, das Banken benötigen, um die absoluten Minimalanforderungen zu erfüllen. Schaut man sich die Auswirkungen in Summe an, so erhöhen sich die Kapitalanforderungen für die untersuchten europäischen Banken. Das bedeutet, sie müssen für das gleiche Geschäft mehr Eigenkapital vorhalten. Bei unterstellter Volleinführung der Basel IV-Vorgaben führt dies zu einem Rückgang der durchschnittlichen Kernkapitalquote von 16,5% auf 14,3% (Grundlage sind Daten per Ende 2022).
Auch für deutsche Banken ergäbe sich ein ein Rückgang der Kernkapitalquoten. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank würde die vollständige Umsetzung von Basel IV zu einem Rückgang der Kapitalquoten von 18,0% auf 14,6% führen (auch hier auf Basis von Daten per Ende 2022). Der Haupttreiber hierfür liegt in der Einführung des „Output-Floors“ (siehe oben).
Fazit
Basel IV stellt den Abschluss der Basel III-Umsetzung dar und wird in Europa über die CRR III und die CRD VI umgesetzt. Das Regelwerk führt zu Änderungen in vielen Bereichen der Regulatorik, insbesondere in der Ermittlung der Risikogewichteten Aktiva. Dies führt zu einem höheren Eigenkapitalbedarf und somit in der Konsequenz zu niedrigeren Kapitalquoten. Die Banken müssen die neuen Vorgaben bis zum 1. Januar 2025 umsetzen, wobei teilweise Übergangsfristen bestehen.
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Zu operationellen Risiken unser Artikel zu den Risiken der Banken
Links und Quellen
Basel III-Monitoring der Deutschen Bundesbank (Auswirkungen von Basel IV auf deutsche Banken)
Basel III-Monitoring der EBA (Auswirkungen von Basel IV auf europäische Banken)
Veröffentlichung der Europäischen Kommission zur CRR III und CRD VI
Die CRR III in der aktuellen Fassung (deutsch)
Die CRD VI in der aktuellen Fassung (deutsch)
Basel III: Finalising post-crisis reforms vom Baseler Ausschuss
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