Abonnieren Sie unseren RSS-Feed
Risiken
Die Risiken der Banken

 

Bankgeschäft ist risikoreich – davon zeugen nicht zuletzt die Ereignisse rund um die Silicon Valley Bank oder die Credit Suisse, die 2023 in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten sind. Bedeutet das, dass Banken möglichst wenig oder am bestern gar keine Risiken eingehen sollten? Nein, das bewusste und kontrollierte Eingehen von Risiken ist ein elementarer Bestandteil des Bankgeschäfts und erfüllt wichtige volkswirtschaftliche Funktionen. Eine Bank, die keine Risiken eingeht, kann keine Gewinne erzielen, nicht wachsen und ist nicht überlebensfähig – und das unabhängig davon, was für ein Geschäftsmodell die Bank verfolgt, ob es sich um eine Universal-, eine Immobilienfinanzierungs- oder eine Förderbank handelt.

 

Grund genug, einen genaueren Blick auf die Risiken des Bankgeschäfts zu werfen. Dabei wollen wir uns auf die Risiken fokussieren, die die durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlichten sogenannten „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“ (MaRisk), als mindestens „wesentlich“ erachtet werden. Ebenso werden Risikomessung und Limitierung in diesem Artikel nicht behandelt.

Die MaRisk müssen alle deutschen Institute einhalten und definieren die folgenden Risiken als wesentlich (gemäß AT 2.2 Risiken):

Daneben gibt es eine Reihe weiterer Risikoarten, die jeweils bankspezifisch wesentlich (d.h. für die Bank von Relevanz) sein können. Diese ebenfalls darzustellen, würde jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen, sodass wir uns auf die genannten vier Risikoarten konzentrieren.

 

Adressenausfallrisiken

Bei Adressenausfallrisiken, auch Kredit(ausfall)risiken, handelt es sich um das Risiko, dass Banken verliehenes Geld (beispielsweise vergebener Kredit oder gekaufte Anleihe) nicht oder unvollständig zurückerhalten. Mithin das Risiko, dass die „Adresse“ (der Kreditnehmer) ausfällt - daher der Begriff Adressenausfallrisiko. Je nachdem, welches Geschäft zugrunde liegt, unterscheidet man das Adressenausfallrisiko in Kategorien wie Emittentenrisiko oder Kontrahentenrisiko.

Um das Adressenausfallrisiko zu verstehen, sind zwei Begriffe bzw. Größen wichtig: Der Erwartete Ausfall (Expected Loss, EL) und der Unerwartete Ausfall (Unexpected Loss, UEL).

Wie der Begriff erwarteter Verlust vermuten lässt, handelt es sich um Verluste aus nicht zurückgezahlten Forderungen (wie bspw. Kredite),die bereits bei Geschäftsabschluss erwartet werden. Dahinter steckt, beispielhaft für ein Darlehen, folgende Überlegung: Auf Basis von z.B. der Bonität des Kreditkunden, der Ausgestaltung des Kredits und der Besicherung, kann die Bank mittels historischer Daten und Erfahrungen eine Abschätzung treffen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Kredit nicht vollständig zurückgezahlt wird. Hat eine Bank eine große Anzahl vergleichbarer Kredite, lässt sich also aus der Erfahrung heraus abschätzen, wie viele Kredite voraussichtlich ausfallen werden und wie hoch der Verlust hieraus sein wird. Da dieser Verlust„erwartet“ ist, berücksichtigt die Bank ihn im Zins für den Kunden und bildet Rückstellungen hierfür. Deshalb haben Kredite an Kunden mit schlechterer Bonität einen höheren Zinssatz als solche an Kunden mit einer guten Bonität.

Relevant für die Ermittlung des Adressenausfallrisiko im Sinne des Risikos für die Bank ist der unerwartete Verlust. Dieser bezeichnet die potenziellen Kreditausfälle, die zusätzlich über den erwarteten Verlust hinaus eintreten können. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sich in einer Rezession verschlechtert haben, Kreditkunden dadurch in finanzielle Probleme geraten und ihre Kredite nicht mehr in vollem Umfang zurückzahlen können.

 

Marktpreisrisiken

Hierunter versteht man das Risiko, dass Verluste aufgrund von Schwankungen bei Marktpreisen auftreten können. Es gibt verschiedene Unterkategorien des Marktpreisrisikos. Übliche Unterkategorien sind:

Zinsänderungsrisiko: Das Risiko von Verlusten, wenn sich das Marktzinsniveau verändert oder sich auch nur einzelne Zinssätze verändern. Für Kredite, Anleihen etc. (Produkte der Aktivseite der Bank) führt ein Anstieg des Zinsniveaus zu Verlusten (siehe auch unten). Für Geldaufnahmen der Bank wie zum Beispiel Festgelder, die Kunden bei der Bank angelegt haben, Kredite, die die Bank aufgenommen hat (Produkte der Passivseite der Bank), führt ein Rückgang des Zinsniveaus zu Verlusten. Dies ist bei Banken üblicherweise das bedeutendste Marktpreisrisiko.

Credit Spread Risiken: Hinter diesem kompliziert anmutenden Begriff verbirgt sich das Risiko, dass Verluste auftreten, wenn Banken Anleihen gekauft haben (das sind vereinfacht gesagt an der Börse gehandelte Schulden von Unternehmen, Banken oder Staaten) und sich die Bonität des Schuldners der Anleihe verschlechtert (siehe Beispiel unten).

Aktienkursrisiken: Das Risiko von Verlusten, wenn sich Aktienkurse verändern. Je nachdem, was für eine Aktienposition eine Bank hat (hierbei geht es um Aktiengeschäfte, die die Bank für sich selbst getätigt hat und nicht um die Aktiendepots von Kunden), können steigende oder fallende Aktienkurse zu Verlusten führen.

Wechselkursrisiken: Das Risiko von Verlusten, wenn sich Wechselkurse verändern (siehe auch Beispiel unten). Eine Bank, die nicht nur Geschäft in EUR tätigt, sondern auch in Fremdwährungen, hat Wechselkursrisiken. Ob steigende oder fallende Wechselkurse zu Verlusten führen können, hängt von der Art des Fremdwährungsgeschäfts der Bank ab.

Neben diesen beispielhaft aufgeführten Marktpreisrisikokategorien gibt es im Marktpreisrisiko noch weitere Unterkategorien (insbesondere sogenannte Volatilitätsrisiken). Besonders relevant ist bei den meisten Banken das Zinsänderungsrisiko.

Zu den genannten Marktpreisrisiken einige Beispiele zur Verdeutlichung:

 

Liquiditätsrisiken

Wie die Bezeichnung bereits suggeriert, geht es hierbei um das Risiko, dass eine Bank nicht ausreichend Liquidität zur Bedienung aller Zahlungsverpflichtungen zur Verfügung haben könnte („Liquiditätsrisiko im engeren Sinne“). Die Bank muss also – auch für einen festzulegenden Horizont in der Zukunft – sicherstellen, dass stets genügend Liquidität (Geld) zur Verfügung steht, um sowohl erwartete als auch unerwartete Auszahlungen leisten zu können. Dies kann über entsprechende Zahlungseingänge, das Vorhalten von Kontoguthaben (zum Beispiel auf dem Konto der Bundesbank) oder Wertpapieren besonders hoher Qualität (die im Notfall verkauft oder als Sicherheit für Geldaufnahmen der Bank genutzt werden können) oder das Vorhandensein anderer Finanzierungsquellen (zum Beispiel Kreditlinien) erreicht werden. Dies muss sowohl für die normale Geschäftstätigkeit als auch in einem Krisenfall, wenn die Bank Probleme in der Liquiditätsbeschaffung hat, gewährleistet sein.

Eine weitere Ausprägung des Liquiditätsrisikos ist das Risiko, dass die Bank zwar die erforderliche Liquidität erhält, aber zu höheren als den erwarteten Konditionen (unter anderem auch als Refinanzierungsrisiko bezeichnet). Dazu ein Beispiel: Eine Bank muss sich für die Finanzierung ihres Geschäfts Geld leihen. Üblicherweise könnte eine vergleichbare Bank das zu einem Zinssatz von 3% realisieren. Da die Bank aber aufgrund von schlechten Entscheidungen und eines Skandals negativ in der Presse aufgefallen ist und Kreditgeber dadurch ihre Bonität anzweifeln, kann sie sich nur Geld zu einem Zinssatz von 3,5% leihen. Die Differenz von 0,5% sind die zusätzlichen Kosten für das Leihen von Geld, die das Refinanzierungsrisiko betrachtet. Diese erhöhten Kosten können nicht nur auftreten, weil nur die Bank mehr für Kredite bezahlen muss, sondern auch im Rahmen einer Finanzkrise, in der Kredite für alle Banken teurer werden.

Das Management der Liquiditätsrisiken ist für Banken von existenzieller Bedeutung, da sie für ihr Geschäft zum überwältigenden Teil auf geliehenes Geld (Fremdkapital) und die Fähigkeit, dieses zu angemessenen Konditionen leihen zu können, angewiesen sind.

 

Operationelle Risiken

Das letzte wesentliche Risiko ist das operationelle Risiko und das wahrscheinlich das am wenigsten bekannte. In der europäischen Bankenregulatorik wird es als „das Risiko von Verlusten, die durch die Unangemessenheit oder das Versagen von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder durch externe Ereignisse verursacht werden, einschließlich Rechtsrisiken“ (CRR II, Artikel 4,Nr. 52). Es deckt also insbesondere mögliche Schäden und Verluste ab, die durch technische oder menschliche Fehler, Fehleinschätzungen oder die Veränderung politischer oder rechtlicher Rahmenbedingungen eintreten können.

Beispiele können sein:

Fazit

Banken unterliegen einer Vielzahl unterschiedlicher Risiken. Je nach Geschäftsmodell, Ausrichtung und Schwerpunkt der Bank, unterscheiden sich die wesentlichen Risiken, denen sie ausgesetzt sind. Gemein ist allen jedoch, dass das Adressausfall-, das Marktpreis-, das Liquiditätsrisiko sowie das operationelle Risiko aufgrund regulatorischer Vorgaben als wesentlich zu betrachten sind. Sie können also wesentliche Auswirkungen auf die Ertrags-,Eigenkapital- oder Liquiditätssituation der Bank haben. Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Risiken, die bankenindividuell eine Wesentlichkeit haben können.


Weitere Artikel aus der Bankenwissen-Reihe finden Sie unter diesem Link.

Suchen Sie nach einem Seminar, das Ihnen einen fundierten Einstieg in die Bankenwelt ermöglicht?
Dann könnte unser Seminar "Bankwissen für Quereinsteiger" das Richtige für Sie sein!

Kontakt
Sind Sie an weiteren Informationen interessiert, haben Sie Fragen?
Sprechen sie uns an